Individuellen Wandel begleiten

Gedanken

Habitusanalyse

In Supervision und Beratung tauchen immer wieder nicht umgesetzte Lebenswünsche auf, für deren Aufschub gut nachvollziehbare Gründe angegeben werden. Geht man diese Problematik allein auf der psychologischen Ebene an, bleibt vielfach der gesellschaftliche Einfluss auf diese Handlungsentscheidung unberücksichtigt. Der Soziologe Bourdieu begründet die Nichtumsetzung von Lebenswünschen mit einem habituell bedingten Selbstausschluss, hervorgerufen durch soziale Begrenzungen. "Mir steht das nicht zu" oder "ich gehöre dort nicht hin" sind die begleitenden Gedanken - sich unbeholfen, ohnmächtig, abgelehnt oder fremd fühlen die korrespondierenden Gefühle. Es handelt sich um natürlich akzeptierte Grenzen mit sozialen (vererbten) Wurzeln, an denen wir unser Alltagsdenken und -handeln unbewusst ausrichten. Scham- und Schuldgefühle sorgen dafür, dass wir das Ziel nicht weiter verfolgen oder wir überzeugen uns irgendwann selbst, dass es vernünftig ist, die Wünsche aufzugeben.

Mit der Habitusanalyse lässt sich ein Diagnoseinstrument in den Supervisions- oder Beratungsprozess integrieren, welches die sozial bedingten Grenzen auf der biographischen und generativen Ebene sichtbar macht. Dazu bracht es eine herkunftsorinientierte Positionierung im sozialen Raum und die Analyse von Denk- und Deutungsmustern aus biographieorintierten Gesprächen. Gemeinsam mit den Ratsuchenden werden Entwicklungsbegrenzungen aufgespürt und über Reflexion und Verstehen der sozialen Zusammenhänge ein Umgang mit den Grenzen erarbeitet. Das kann die Emanzipation von habituellen Überzeugungen sein bis hin zur Überschreitung der habituell geschützten Grenzen. Neben der Einzelsupervision oder Beratung ist diese Methode auch für die Beziehungsdiagnose von multiprofessionellen Arbeitsteams geeignet. Hier geht es vornehmlich um die Reflexion beruflicher Habitus und ihrer Begrenzungen.

 

 

 

Macht in Beratung

Erst das Vertrauen, aufgrund von Herkunft nicht verachtet zu werden, ermöglicht eine Gesprächstiefe, die für ein sozioanalytisches Verstehen notwendig ist. Es gibt keine objektive Beratungsposition (Bourdieu 1997).

Damit Begleitung und Hilfe im Rahmen einer Beratungsbeziehung angenommen werden können, braucht es einen Gesprächsraum, der weitestgehend frei von Machtpositionen und Definitionskämpfen ist. Allerdings hält die Gesellschaft mit ihren Hierarchien in jede Form der sozialen Beziehung Einzug (und damit auch in die Beratung). Das geschieht durch die Art zu Sprechen (Wortwahl, Lautstärke, Gestik und Mimik), bestimmte Handlungsweisen und die Form, wie Themen bearbeitet oder angesprochen werden (wollen) sowie den unterschiedlichen Blick auf die Welt und bspw. damit verbundene Vorlieben.

Habitusanalyse in Supervision

Supervision stellt eine Sonderform von Beratung im beruflichen Kontext dar und findet Anwendung in Einzel- oder auch Gruppenkonstellationen (Schlee 2004, S. 14). Eine klassische Gruppenform stellt die Team- oder Fallsupervision dar, in welcher entweder die Beziehungen der Teilnehmenden zueinander betrachtet werden oder das Verhältnis zu den Kund*innen/Klient*innen (Fallsupervision) sowie die Position des Teams im Verhältnis zu anderen Teams, Vorgesetzten oder zur gesamten Organisation. Die Habitusanalyse als Diagnoseinstrument eröffnet Teams einen gesellschaftlich orientierten Blickwinkel auf den professionellen Umgang mit bspw. Angehörigen oder Kund*innen / Klient*innen oder innerhalb der Organisation. Sie fördert das Identifizieren und Verstehen von unbewusst wirksamen distinktiven (sozial abgrenzenden) Prozessen oder Verhaltensweisen im eigenen oder fremden Handeln sowie den damit verbundenen Gefühlen.

Frauen zwischen Familie und Beruf - Probleme im Spiegel des Geschlechterverhältnisses

Der Anspruch von Frauen, eine reibungslose Vereinbarkeit der Lebensbereiche Familie und Beruf - vielleicht sogar noch Weiterbildung- zu gewährleisten, führt zu großen Belastungen. Vielfach fühlen Sie sich überfordert und erleben es als Scheitern, weil sie keine reibungslose Vereinbarkeit hinbekommen. Das ist dann der ideale Zeitpunkt, sich mit den strukturbestimmten Lebenszusammenhängen von Frauen in unserer Gesellschaft auseinander zu setzen.

Wie erkenne ich gute Beratung?

Die Deutsche Gesellschaft für Beratung (DGfB) ist die Dachorganisation von 21 Verbänden, die ein gemeinsames Beratungsverständnis und gemeinsame Qualitätsaussagen verbindet. Eines der Ziele dieser Organisation ist, Ratsuchenden Orientierung für die Qualität von Beratungsleistungen zu bieten.